Meine Mission Immunonkologie

Warum manche Patienten auf immunonkologische Therapien ansprechen und andere nicht: Die Suche der Wissenschaft nach Antworten.

Die Immunonkologie setzt auf das körpereigene Immunsystem als Waffe gegen den Krebs – ein Wirkprinzip, mit dem völlig neue Wege in der Krebstherapie beschritten wurden. Dies würdigte die American Society of Clinical Oncology (ASCO) im Februar 2017 bereits das zweite Jahr in Folge und kürte die Immunonkologie zum „Fortschritt des Jahres“. „Die große Anzahl translationaler Forschungskonzepte verbunden mit unterschiedlichen klinischen Ansätzen in der Immunonkologie ist extrem spannend“, so Dr. Michael May, Medical Director Germany bei Bristol-Myers Squibb. „In Kooperation mit zahlreichen namhaften akademischen Forschungseinrichtungen entwickeln wir derzeit auch in Deutschland innovative Konzepte, um die Lebenserwartung und -qualität von Patienten mit Krebs weiter zu verbessern.“

Mittlerweile hat sich die Immunonkologie als eine Säule in der Behandlung fortgeschrittener Krebserkrankungen etabliert. Doch trotz der bisherigen Fortschritte sprechen je nach Patientengruppe und Krebsart weniger als 50 Prozent der Betroffenen auf immunonkologische Therapien an. Warum ist das so?

Auf Grundlage der in den vergangenen 20 Jahren gewonnenen Erkenntnisse suchen Wissenschaftler von Bristol-Myers Squibb unter Hochdruck und mit Hilfe modernster Technologien nach Antworten auf diese Frage. Dafür erforschen sie die Biologie von Krebszellen, des Immunsystems auf zellulärer Ebene und analysieren enorme Mengen genomischer Daten aus Tumordatenbanken und klinischen Studien. Untersucht wird auch, inwiefern die Wirksamkeit immunonkologischer Therapien vorhersagbar ist. Biomarker und Begleitdiagnostik sollen Ärzten dabei helfen, Therapieentscheidungen schneller und zuverlässiger zu treffen.

Nils Lonberg

Nils Lonberg

Von der biologischen Entdeckung bis hin zur translationalen Forschung: Unsere IO-Experten setzen alles daran, die nächste Generation immunonkologischer Therapien zu entwickeln.

Die Immunonkologie weiterentwickeln 

Die Entwicklung neuer immunonkologischer Ansätze basiert auf dem Wissen über die Biologie von Krebszellen und das menschliche Immunsystem. Laut Nils Lonberg, Senior Vice President of Oncology Biology Discovery, gibt es drei biologische Mechanismen, die es den Krebszellen ermöglichen, der Erkennung durch das Immunsystem zu entgehen und unkontrolliert zu wachsen:

1. Krebszellen werden vom Immunsystem erkannt – oder auch nicht. Krebszellen besitzen meistens Oberflächenstrukturen (Antigene), die es auf gesunden körpereigenen Zellen nicht gibt. Das Immunsystem erkennt diese Antigene als bösartig und greift sie an. Doch die Krebszellen verteidigen sich, indem sie Strategien entwickeln, um dem Immunsystem zu entkommen. Diese Strategien werden unter dem Begriff „Escape-Mechanismen“ zusammengefasst. Fehlen beispielsweise die spezifischen Antigene auf der Oberfläche der Krebszellen, sind diese für das Immunsystem unsichtbar und können so den Immunzellen entkommen.

2. Die Immunantwort des Körpers gerät aus dem Gleichgewicht. Neben Bakterien, Parasiten, Viren und anderen Krankheitserregern kann das Immunsystem des menschlichen Körpers ebenso Krebszellen identifizieren und ausschalten. Wie bei der Abwehr von Krankheitserregern arbeitet dabei ein Netzwerk unterschiedlicher Zellen, Gewebe und Organe koordiniert zusammen. Ein wichtiger Bestandteil dieses Netzwerks sind die weißen Blutkörperchen (Leukozyten), zu denen die Natürlichen Killerzellen (NK-Zellen) und T-Zellen zählen. Ist die Gefahr gebannt, wird die Immunreaktion durch hemmende Mechanismen beendet. Diese Regulation der Immunantwort ist wichtig, damit keine gesunden körpereigenen Zellen angegriffen werden. Krebszellen können dieses Gleichgewicht stören, indem sie die Immunantwort unterdrücken. Unter anderem können Krebszellen bestimmte Stoffe bilden, die als zentrale Schalter an Kontrollstellen die Aktivität des Immunsystems steuern. Werden diese Schalter betätigt, inaktiviert dies die Immunzellen, und der Krebs kann sich im Körper ungestört ausbreiten. 

3. Krebszellen verändern sich stetig. Ähnlich wie Bakterien sind auch Krebszellen in der Lage, sich schnell an ihre Umgebung anzupassen, indem sie sich rasch teilen und verändern. Darum können sie von den Immunzellen nicht erkannt und angegriffen werden. Das kann außerdem dazu führen, dass die Krebszellen Resistenzen gegenüber früheren Therapien entwickeln, also nicht mehr auf bisherige Behandlungen ansprechen.

Die komplexe Interaktion zwischen den Krebszellen und dem Immunsystem bietet zahlreiche Ziele für neue immunonkologische Therapien. Wissenschaftler suchen intensiv nach bestimmten Rezeptoren auf der Oberfläche von Immunzellen, die bei den biologischen Mechanismen der Krebsentstehung eine Rolle spielen. Auf diesem Wege identifizieren sie die vielversprechendsten Angriffspunkte. Bristol-Myers Squibb untersucht eine ganze Reihe solcher Ansätze auf unterschiedlichen Ebenen der Forschung.

Dr. Michael May

Dr. Michael May

„Die Forschung in der Immunonkologie steht bei uns weiterhin im Fokus. Ein besseres Verständnis der Tumorbiologie hilft uns bei der Entwicklung neuer Angriffspunkte für innovative Medikamente. Es hilft uns auch, erste translationale Erkenntnisse zu prüfen und in klinischen Studien weiter zu untersuchen“, so Dr. Michael May. „Auch muss die Bereitschaft zu lernen besonders hoch sein. Zu verstehen, warum etwas nicht funktioniert, ist oft genauso wichtig wie zu verstehen, warum etwas funktioniert.“

Bruce Car

Bruce Car

Mithilfe des Cancer Genome Atlas – einer großen öffentlichen Datensammlung genomischer Mutationen von 33 Krebserkrankungen – sowie durch die Auswertung von Veröffentlichungen und der Analyse genomischer Datensätze aus klinischen Studien werden wichtige Informationen über krebsauslösende Mutationen gesammelt. „Wir suchen nach Zielen, die bei bestimmten Tumorarten stark ausgeprägt sind, häufiger vorkommen und von größerer medizinischer Bedeutung sind“, sagt Bruce Car, Vice President und Head of Translational Sciences.

Dr. Holger Krönig

Dr. Holger Krönig

Auswertung klinischer Forschungsdaten

Zurzeit untersucht Bristol-Myers Squibb zahlreiche Moleküle, die speziell dafür hergestellt wurden, verschiedene Wege des Immunsystems bei diversen Krebserkrankungen gezielt zu modulieren, sodass das Immunsystem den Tumor bekämpft. 

„Wir passen unsere Arzneimittelentwicklung stetig den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen an“, sagt Dr. Holger Krönig, Medizinischer Direktor der Onkologie bei Bristol-Myers Squibb. „Mit den uns heute zur Verfügung stehenden Technologien versuchen wir so früh wie möglich im Forschungsprozess jene Patienten zu identifizieren, die aufgrund bestimmter Merkmale am wahrscheinlichsten auf unsere Therapien ansprechen. Dabei betrachten wir auch die Patienten, die voraussichtlich weniger gut ansprechen würden – ihnen können wir möglicherweise andere Medikamente anbieten.“ 

Zusätzlich zur Erfassung standardisierter klinischer Versuchsdaten – wie den Informationen über Sicherheit und Ansprechrate – nutzen die Wissenschaftler von Bristol-Myers Squibb zukunftsweisende Möglichkeiten, um neue wissenschaftliche Erkenntnisse frühzeitig weiterzugeben.

Anil Kapur

Anil Kapur

„Wir arbeiten aktiv mit Partnern zusammen, die diagnostisches Fachwissen und eine globale Reichweite haben, um sicherzustellen, dass die richtigen Medikamente bei den richtigen Patienten ankommen“, sagt Anil Kapur, Vice President der I-O Early Assets & Biomarkers Commercialization. Biomarker können zur Charakterisierung des Tumors und seiner Mikroumgebung genutzt werden, um eine mögliche Antwort des Patienten auf eine Immuntherapie vorherzusagen. Diese Diagnostik wird eingesetzt, um jene Patienten zu identifizieren, die von den zur Verfügung stehenden Therapien profitieren können.

Mithilfe modernster bildgebender Verfahren erforschen unsere Wissenschaftler die Biologie der Immunantwort auf kleinster molekularer Ebene. So können wir noch genauer verstehen, wie der Krebs reagiert. Wir befinden uns in einem frühen Stadium der Entwicklung eines Kontrastmittels, das uns bei der Positronen-Emissions-Tomografie (PET) dabei hilft, interessante biologische Vorgänge im Patienten zu visualisieren.

Steven Averbuch

Steven Averbuch

Die nächste Generation der immunonkologischen Forschung 

Die nächste Generation der immunonkologischen Forschung hat fachübergreifend begonnen. Mit ihr verlagert sich die Erforschung hin zu kombinierten Behandlungen, mit denen bei einer Krebserkrankung gleichzeitig mehrere Ziele angegriffen werden sollen. 

„Wäre Krebs ein Zimmer, das von mehreren Lichtern erleuchtet ist, käme die Standard-Chemotherapie dem Zerschlagen aller Lampen gleich, nur um das Licht auszuschalten“, erklärt Steven Averbuch. „Zielgerichtete Therapien sind, als würde man genau den Schalter umlegen, über den man die meisten Lampen kontrolliert. Die Immunonkologie bietet eine Vielzahl solcher Schalter. Derzeit untersuchen wir, welche davon in welcher Reihenfolge und Kombination umgelegt werden können, um die bestmöglichen Ergebnisse für Patienten in verschiedenen Stadien der Erkrankung zu erzielen.“ 

Darüber hinaus kooperiert Bristol-Myers Squibb mit einer wachsenden Zahl von Biotech-Firmen und akademischen Forschungszentren. Das trägt dazu bei, weitere Erkenntnisse über Krebs zu gewinnen und diese gewonnenen Daten in neuer Weise zu verwerten.

„Wir verstehen immer besser, warum manche Patienten auf die Immunonkologie ansprechen und andere nicht“, erläutert Averbuch. „Wir machen weiter, in der Hoffnung, dass wir eines Tages bei Krebs alle Lichter gleichzeitig ausschalten können.“


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