Blutbildung aus dem Gleichgewicht: Myelodysplastische Syndrome   

Die komplexe Zusammensetzung des Blutes sorgt dafür, dass es seine verschiedenen Funktionen übernehmen kann. Von zentraler Bedeutung sind dabei die verschiedenen Zelltypen wie rote und weiße Blutkörperchen sowie Blutplättchen. Ist ihre Reifung im Knochenmark, die sogenannte Hämatopoese gestört, kann es zu verschiedenen Erkrankungen wie beispielsweise Myelodysplastischen Syndromen (MDS) kommen.

Als MDS wird eine Gruppe seltener Bluterkrankungen bezeichnet, bei denen die normale Blutbildung der Betroffenen auf ähnliche Weise gestört ist. Dazu kann es kommen, wenn sich bestimmte Gene der sogenannten Blutstammzellen im Laufe des Lebens krankhaft verändern. Durch die Veränderungen in den Genen können bei MDS nicht mehr genügend reife Blutzellen gebildet werden. Stattdessen gelangen im Verlauf der Erkrankung vermehrt unreife und verformte Blutzellen in die Blutbahn.1, 2 In Deutschland sind 4–5 von 100.000 Einwohnern pro Jahr von MDS betroffen, bei Patienten über 70 Jahren liegt die Anzahl bei mehr als 30 Fällen pro 100.000 Einwohner.2

Wie entsteht MDS?
Bei der überwiegenden Anzahl der Erkrankten (ca. 90 % der Fälle in Deutschland) findet sich kein ersichtlicher Grund für das Auftreten von MDS („primäre MDS“ oder „de novo MDS“).2 Deutlich seltener (ca. 10 % in Deutschland) sind die sogenannten „sekundären MDS“ – sprich Folgeerkrankungen. Bei diesen Betroffenen sind die genetischen Veränderungen in den Blutstammzellen nicht zufällig entstanden, sondern höchstwahrscheinlich durch äußere Einwirkung, wie etwa durch den früheren Einsatz einer Strahlen- oder Chemotherapie.2 Im Krankheitsfall reifen viele myeloische Vorstufen nicht vollständig aus oder sterben verfrüht. Dadurch sind sie auch verformt (Dysplasie). Darüber hinaus bilden die kranken Blutstammzellen im späten Stadium der Erkrankung vermehrt unreife myeloische Zellen (Blasten) und es besteht die Gefahr, dass die MDS-Erkrankung in eine Akute Myeloische Leukämie (AML) übergeht.1

Gibt es „typische“ Anzeichen für MDS?
Häufig macht sich als erste spürbare Auswirkung von MDS eine sogenannte Anämie (Blutmangel) bemerkbar. Ursache hierfür ist, dass zu wenig gesunde, Sauerstoff transportierende rote Blutkörperchen (Erythrozyten) im Blut vorhanden sind. Betroffene fühlen sich häufig nicht nur schnell müde und schlapp, sondern klagen beispielsweise auch über Schwindel, Kurzatmigkeit, Atemnot und Herzrasen.2

An MDS Erkrankte leiden in der Regel häufiger an Infektionskrankheiten als gesunde Menschen. Grund dafür ist, dass das Abwehrsystem, das maßgeblich durch sogenannte Leukozyten gebildet wird, bei einer MDS-Erkrankung deutlich geschwächt ist. Durch einen Mangel an Blutplättchen bei MDS heilen Wunden eventuell langsamer aus als es normalerweise der Fall ist. Weitere Auffälligkeiten sind, dass selbst kleine Stöße häufiger zu blauen Flecken führen und Betroffene zu verstärktem Zahnfleisch- oder Nasenbluten neigen. Mitunter erscheinen auf der Haut auch kleine Einblutungen in Form von punktförmigen, roten Flecken, sogenannte „Petechien”.2

Befund und Therapie eines MDS sollten immer in einem hämatologischen Zentrum, also von Ärzten, die auf diese Erkrankungen des Blutes spezialisiert sind, gestellt werden. Bei der Auswahl der Therapie spielen mehrere Faktoren eine Rolle: So ist neben dem körperlichen Gesamtzustand und dem bisherigen Krankheitsverlauf entscheidend, um welche Unterart (Subtyp) von MDS es sich handelt.2

Weiterführende Informationen zu aktuellen Forschungsvorhaben finden Sie im Beitrag „Neue Wege, die Reifung roter Blutkörperchen bei myelodysplastischen Syndromen zu unterstützen“
 

Referenzen

  1. Kurtin S (Hrsg.). Broschüre der MDS-Foundation „Strategien für Patienten & Angehörige – Leben mit MDS“ 2012. URL: www.mds-foundation.org/wp-content/uploads/2014/06/BBOH_Handbook_A4_GRM_06.10.14.pdf (letzter Zugriff: 30. März 2020). 
  2. Onkopedia. Leitlinie Myelodysplastische Syndrome (MDS). Stand: Februar 2020. URL: https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/myelodysplastische-syndrome-mds/@@guideline/html/index.html (letzter Zugriff: 30. März 2020).

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